Das Konkrete und die Utopie

Als wir uns heute beim Abendessen im improvisierten Gastraum darüber klar wurden, dass bis zur Einweihungsfeier nur noch 13 Tage bleiben, überkam uns ein gehöriger Schauer. Das Haus, in so gutem Grundzustand es ist, hielt doch hinter jeder Tapete und unter jedem Bodenbelag eine neue Überraschung bereit. Auch die bürokratischen Wege, die sich anfangs  so hürdenlos gestalteten, wurden in den vergangenen Wochen mehr und mehr zum Spießroutenlauf und die Telekom verweigerte uns aufgrund eines Formfehlers bis vor wenigen Tagen den Zugang zum weltweiten Netz (Was mitunter auch ein Grund für die noch offenen Baustellen auf der Website sind.) Kurz: Die Zeit schmolz uns nur so zwischen den Fingern dahin.

So saßen wir also beim Essen und erinnerten uns gegenseitig an die utopischen Ideen, die wir die vergangenen Monate gesponnen hatten: Ein Schild, aus Kupferrohren gebogen, um das wilder Wein den Schriftzug "Café Schmoo" formt. Couchen, Sessel und Sideboards, die die Terasse säumen. Im Innern eine offene Wohnzimmeratmosphäre. Dazu die Gartenfläche - komplett bestückt aus mit recycelten Europalletten eigenhändig gebauten Stühlen, Bänken und Tischen. Eine Trockensteinmauer, in der wilde Blumen wurzeln sowie Nutz- und Zierbeete. Das Kassensystem würde hochprofessionell auf Tabletbasierter EDV beruhen, eine Küche, die selbst Tim Mälzer vor Neid erblassen ließe und natürlich eine original italienische Espressomaschine -Traditionsmanufaktur, versteht sich...

 

Das erste Mal zuhause

Und dann wurde aus dem Schauer einer der schönsten und längsten Lachanfälle der vergangenen Jahre. Zwei Räume sind tapeziert, zwei entkernt und abgeschliffen. Ein Schuppen ist entrümpelt und sieben Tischgestelle ohne Platte stehen bereit. Stühle - Fehlanzeige. Das Gäste-WC ist bisher der einzige einsatzbereite Raum, die Küche zwar geputzt, jedoch noch ohne jedes elektrische Geräte. Wir haben nicht einen Tag auf der faulen Haut gelegen. Vielmehr haben wir jeden Tag von 7-23 Uhr rangeklotzt und nebenbei noch unsere zwei Umzüge durchgezogen, alle Formalia abgearbeitet und sogar schon die ersten Radler als Couchsurfer für eine Nacht beherbergt. Die einfache Antwort, warum der so dramatisch näher rückende Termin seinen Schrecken in diesem Augenblick verlor: Es war der erste Moment, indem wir uns hier das erste Mal richtig zuhause gefühlt haben. Denn genau so sind wir. Wir träumen groß und überwinden die Frage des warum eigentlich nicht?. Denn schließlich geht es uns "um den Umbau der Welt zur Heimat, ein Ort, der allen in der Kindheit scheint und worin noch niemand war". Was konkret dabei herauskommt, lässt sich also schwer vorher ankündigen.

Fest steht, mit unserem Willen und unseren Ideen wird am 28./29. das Café Schmoo eröffnet. Eine Utopie, die so konkret sein wird, wie wir sie bis dahin schaffen zu gestalten. Und mit "wir" sind keineswegs nur DaniEla, Leo oder ich gemeint. In diesem Sinne: Danke, Christian - für Deine starken Arme beim Umzug. Danke, Basi/Kasia/Malina - für das Ausgraben des Trabbis und die Gestaltung der ersten Schmoovitrinenschilder. Danke, Anne - für das Niederreißen der Hundezwinger, teils mit bloßen Händen. Danke, Jörn - für das Verputzen von Rissen in Wänden und Seelen. Danke, Dennis - für die Erinnerung an das schöne Gefühl, wenn man Dinge einfach aus dem Fenster schmeißt. Danke, Johannes - für das Reparieren all jener Werkzeuge, die in meinen Handwerkerhänden den Geist aufgeben. Danke, Jessica - für den saubersten aller Einsätze. Danke, Resi - für eine Woche Tapetenkleisterei und Danke, Heie - für eine Woche Entspannung durch Blickkontakt.

 

Danke an alle, die uns - in welcher Form auch immer - unterstützen und hier vielleicht nicht namentlich erwähnt sind. Wir sind froh, dass Ihr es uns ermöglicht, mit jedem Handschlag unser persönlichen Utopie ein Stück näher zu kommen.

DaniEla, Marcel, Leo

PS: Erste Bilder findet Ihr hier.

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